Welchen Trend erwarten Sie 2023 aus Perspektive eines Unternehmens, das in der Assetklasse Logistik aktiv ist?
Bodo Hollung: Am liebsten wäre mir, wenn sich der Blick 2023 wieder mehr auf die Immobilie fokussieren würde, statt die ständige Zinsentwicklung zu verfolgen. Grundsätzlich werden sich die Tendenzen, die bereits jetzt am Markt zu sehen sind, fortzusetzen. Sprich: Die Marktmieten werden weiter steigen – nicht zuletzt, da aufgrund einer geringeren Investorenanzahl mit weniger Neubauprojekten zu rechnen ist. Gleichzeitig bleiben die Verkehrswerte von Logistikimmobilien aufgrund der steigenden Mieten stabil. Außerdem kann bei anhaltend hohem Zinsniveau von über 4% bei einer erweiterten Zinsbindung (10 Jahre) von weiter gefallenen Ankaufsfaktoren ausgegangen werden. Auch für 2023 gilt: Die Renditeziele der Anleger müssen erreicht werden.
Als Trend in Sachen Nachhaltigkeit wird der flächendeckende Ausbau mit PV-Anlagen auf Logistikimmobilien, deren Dächer statisch dafür geeignet sind, weiter stark vorangetrieben werden. Zudem wird die EU-Taxonomie im Jahresverlauf klarere Vorgaben mit sich bringen. Die sich daraus ergebenden Anforderungen und Maßnahmen sollten in der Projektentwicklungs- und Bestandsphase eines Objekts gleichermaßen berücksichtigt werden. Nachhaltigkeitsaspekte braucht es im Logistikimmobilienbereich ebenso wie in allen anderen Assetklassen. Allerdings sollte abwägt werden, welche Maßnahmen tatsächlich zu den festgelegten Zielen passen. Alle Maßnahmen, die gerade kursieren, planlos umsetzen, sind weder effizient noch ressourcenschonend und daher auch gesamt betrachtet nur bedingt nachhaltig.
Was davon wird Ihrer Meinung nach in der Immobilienwirtschaft kommen?
Bodo Hollung: Eine nachhaltige Bauweise im Logistikimmobilienbereich wird dieses Jahr der neue Standard sein. Als Mindestmaß wäre hier wie gesagt eine ausreichende Statik für PV-Anlagen zu nennen. Die anderen zuvor genannten Trends sind bereits zu beobachten.
Welche Themen treiben Sie zum Jahresbeginn 2023 um und welche waren es 2022?
Bodo Hollung: Für uns steht 2023 ganz im Zeichen des Investments. Weiterhin Investitionen zu tätigen, ist zwingend erforderlich, damit der Logistikimmobilienmarkt nicht in einen Stillstand gerät. Denn die Nutzernachfrage nach Logistikflächen ist weiterhin sehr hoch! Logistikimmobilien sollten im Vergleich zu anderen Assetklassen attraktiv bleiben. Ein Renditespread von Logistikimmobilieninvestments zu alternativen Anlagemöglichkeiten ist wesentlich, damit weiter Kapital in dieser Assetklasse fließt.
In den Vorjahren gab es nur eine Richtung – steil nach oben. Die neue Realität sind gefallende Kaufsfaktoren!
Das Jahr 2022 brachte durch Zinserhöhungen, steigende Baukosten und die EU-Taxonomie einige Veränderungen mit sich. Wir haben bei LIP Invest anfänglich auf die veränderten Marktbedingungen reagiert und unsere Businesspläne angepasst. Nicht zuletzt werden in diesem Jahr auch einen neuen Fonds auflegen, unseren 5. seit der Gründung 2017.
Wie haben Sie sich mit den veränderten Bedingungen durch den Ukraine-Krieg arrangiert?
Bodo Hollung: Der Ukraine-Krieg hat zu viel Zurückhaltung sowohl am Investment als auch am Immobilienmarkt geführt. Da wir weiterhin Schnelligkeit, Verlässlichkeit und vor allem Dealsicherheit an den Verhandlungstisch gebracht haben, konnten wir auch unter den veränderten Bedingungen Logistikobjekte für unsere Fonds sichern.
Welche Chancen bietet die aktuelle Situation Unternehmen in der Branche?
Bodo Hollung: Für Logistiker bietet die aktuelle Situation eine gute Auftragssituation. Die Nachfrage nach Logistikimmobilien wurde durch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges verstärkt; dazu zählen bspw. Höhere Pufferbestände, die Rückverlagerung von Produktion und der Ausbau von Lieferketten hin zu Liefernetzwerken.
Für Investoren bietet sich die Chance, noch früher bei Neubauprojekten einzusteigen. So können investitionsrelevante Aspekte noch besser gestaltet werden, um die Attraktivität als Investmentmöglichkeit für institutionelle Anleger zu erhöhen. Gleiches gilt für Nachhaltigkeitsaspekte.
Warum gibt es diese Chancen Ihrer Meinung nach erst jetzt?
Bodo Hollung: Die erschwerte Finanzierung hat zu Verunsicherung bei neuen Projekten geführt. Um dem entgegenzuwirken, müssen alle Parteien – Projektentwickler, Investor, finanzierende Bank, Nutzer und Käufer – früher an einen Tisch. Auf this way WIRD für alle Seiten wieder mehr Planungssicherheit geschaffen.
Quelle: news.google.com